Wer wir sind...

Seit nunmehr 8 Jahren versuchen wir, die Mitglieder von "JungesBlutBaLi", das kulturelle Angebot im Landkreis Elbe-Elster durch anspruchsvolles Amateurtheater zu bereichern. Entstanden aus dem Kurs "Darstellendes Spiel" des Abiturjahrgangs 2007 am ehemaligen Echtermeyer-Gymnasiums Bad Liebenwerda und maßgeblich beeinflusst durch unsere Kursleiterin Christiane Jende, die unsere Leidenschaft für das Theaterspielen entfachte, ist es unser Ziel, Theater als niveauvolle Auseinandersetzung mit der Welt für Jedermann zu einem Erlebnis zu machen. So erwuchs aus der Freude am Schauspiel der Wunsch, auch nach dem Abitur - in Eigenregie diesmal - ein neues Stück in Angriff zu nehmen. Der Grundstein für "JungesBlutBaLi" war somit gelegt.

Unser erstes Projekt war die Inszenierung des "Hamlet" im Jahre 2008 in der "Louise" Domsdorf. Der Kern des einstigen DS-Kurses war zusammengeblieben und wurde von einigen Neuzugängen ergänzt. Nach 13 Monaten der Vorbereitung wurde das Shakespeare-Drama in der Kraftwerkshalle der ehemaligen Brikettfabrik aufgeführt. Obwohl wiederum als letztes gemeinsames Projekt geplant, konnte, trotz aller organisatorischer Schwierigkeiten, im Jahr 2009 dem "Hamlet" ein neues Theaterstück folgen. Diesmal stand Max Frischs "Biedermann und die Brandstifter" auf dem Spielplan. An zwei Aufführungsterminen stattfindend, war auch dieses Projekt ein voller Erfolg.

Schließlich erfolgte am 8. Mai 2010 die Gründung unseres eigenen, gemeinnützig organisierten Theatervereins. Seit 2011 haben wir dazu stets selbst geschriebene Stücke aufgeführt. "Alternativen", "Verwerflich. Eine kriminelle Geschichte", "Nibelungen - Europas Helden" und jüngst "Paradise Lost" wurden vom Publikum sehr positiv aufgenommen. Auch für dieses Jahr laufen bereits die Vorbereitungen der nunmehr 18 Mitglieder für ein neues Theaterprojekt.

 

...was wir wollen

Die Arbeit des Theatervereins JungesBlutBaLi e.V.  basiert auf vier programmatischen Thesen, die sich aus den bisherigen Erfahrungen als Ergebnisse eines Lernprozesses herauskristalisiert haben und zugleich Ausgangspunkte für weitere Entwicklungen sein sollen. An dieser Stelle wollen wir sie mit unserem Publikum teilen.

 

I) Wir stehen für passioniert unprofessionelles Regietheater. Die Mitglieder unseres Vereins haben sich aus Freude am Theaterspiel und in dem Wunsch zusammengefunden, dieses persönlichkeitsbildende Gemeinschaftserlebnis auf anspruchs- und niveauvolle Weise sich selbst und einem Publikum zugänglich zu machen. Dass sich dabei sowohl bei uns selbst als auch beim Publikum bestimmte Erwartungshaltungen aufgebaut haben, denen es verantwortlich zu begegnen gilt, liegt in der Natur der Sache. Der Anspruch, das eigene Spiel sowie die Inszenierungs- und Organisationsarbeit permanent zu reflektieren und innovieren, ist bei uns fest verankert. Die Ausübung unserer Passion geschieht freiwillig und hochgradig terminlich konzentriert. Passionsgeleitetheit, Freiwilligkeit und Organisationskonzentration sind unsere größten Schwächen, zugleich aber auch unsere größten Stärken. Unser Spiel lebt und transportiert unsere Passion; die Freiwilligkeit stellt die individuelle Motivation sicher; die Organisationskonzentration ist ein hochgradig flexibles Element. Das Unprofessionelle unseres Theaters geht mit den Schwächen der gerade genannten Punkte einher. Auf die konkrete Schreib- und Inszenierungsarbeit sowie das Spiel bezogen, ist das Unprofessionelle weniger im qualitätsmindernden, denn im formalen Wortsinn zu begreifen: Da wir Theater nicht als Beruf ausüben, sind uns einerseits bestimmte Möglichkeiten vorenthalten, unterliegen wir andererseits aber auch nicht den Zwängen des professionellen Theaters. Die Inszenierungspraxis kann mit einigen Abzügen als semiprofessionell bezeichnet werden. Alles in Allem sind unsere Inszenierungen Produktionen aus einer Hand, die (größtenteils) ohne externe Partner erarbeitet und durchgeführt werden. Dies macht auch den Charme der Produktionen aus und ist eines unserer Alleinstellungsmerkmale. Das gehobene, vor allem inhaltliche Niveau unserer Produktionen findet seinen Ausdruck bereits in der Wahl der Vorlagen, Stoffe und Motive: Es sind die ‚großen‘, eher abstrakten Themen, die von uns bearbeitet werden. Mit den zugrunde liegenden Texten gehen wir wenig ehrfürchtig um; Werktreue ist für uns kein Leitgedanke. Wir machen Regietheater. Die folgenden drei Thesen nähern sich erklärend diesem Aspekt.

 

II) Wir zeigen die Welt, wie wir sie sehen. Der Weltbezug, der in unseren Stücken zum Ausdruck kommt, ist zugleich konkreter Realitätsbezug. Da die Bezugnahme auf die Realität, d.h. die gegenwärtige Realität des Autors, als Charakteristikum nicht nur der Dramatik angesehen werden kann, verwundert es nicht, dass sie auch für unsere Texte essentiell ist. Der Realitätsbezug wird sowohl subtil im Text durch monologische und dialogische Verarbeitung ausgedrückt, als auch – und dies ist der eigentliche Anspruch unserer Stücke – durch die Inszenierung selbst provokant in den Raum gestellt. Die Sicht und der Blickwinkel mit denen die Welt betrachtet wird, werden aus (literarischen) Vorlagen übernommen, adaptiert oder neu hinzugefügt. Da Sichtweisen und Blickwinkel maßgeblich mit der Persönlichkeit des Autors zusammenhängen, schreibt Letzterer seinen Stücken gewissermaßen eine Leitperspektive ein. Durch die Mitwirkung verschiedener Persönlichkeiten insbesondere an der Inszenierungsarbeit erhielten unsere bisherigen sechs Stücke jedoch eine je unterschiedlich ausgeprägte Multiperspektivität, was das „wir“ in der Grundthese rechtfertigt. Mit dem Vorgang des Sehens ist nicht nur der rein physikalische, sondern bereits ein Prozess des Verarbeitens des Gesehenen gemeint. Obwohl es keine letztendlich trennscharfe Abgrenzung von Darstellung und Deutung/Interpretation von Beobachtungen geben kann, wird in unseren Stücken mit ebendieser Abgrenzung dramaturgisch gespielt.

 

III) Wir stellen dar, was ist. Auch wenn die dargestellte Welt im Theater immer fiktiv ist und wir in keinem unserer Stücke naturalistische Bühnenbilder verwendet haben, beziehen sich unsere Darstellungen auf die Gegenwart. Der Gegenwartsbezug war der Anlage aller bisherigen Stücke leitmotivisch eingeschrieben. Aktualisierungsbestrebungen wurden im Einzelfall bis an die Grenze des (handlungs-)logisch Vertretbaren getrieben. Grundlagentexten und -motiven wurde sich stets von der Gegenwart her genähert. Damit war der Anspruch verbunden, die Aussagekraft dieser Texte und Motive in Bezug auf gegenwärtige Erscheinungen und Entwicklungen zu entschlüsseln, zuzuspitzen und ggf. mittels verschiedener dramaturgischer Eingriffe aufzuladen. Die dargestellte Welt ist in ihrer Gesamtheit also Gegenwart, da Text und Bühnenbild auf sie Bezug nehmen und nicht zuletzt auch die Charaktere Gegenwartsfiguren sind. Die Darstellung dessen, was ist, reicht von der nahezu journalistisch-dokumentarischen Analyse bis zur abstrakten ästhetischen Performance.

 

IV) Wir befragen die Gegenwart und stellen sie infrage. Die in der Regel mit der Darstellung verwobene Interpretation der Gegenwart stellt nicht selten die insbesondere von den Hauptfiguren vertretenen Lebensformen und -prinzipien mehr oder weniger subtil infrage. Der zugrunde liegende Maßstab ist freiheitlich-demokratisch, unideologisch, aber nicht unpolitisch. Dennoch spielen wir kein politisches Theater, zumindest keines, das sich einer Richtung des politischen Spektrums klar zuordnen ließe. Moralisch-ethische Wertungen werden unterschwellig vorgenommen, sollen aber nicht belehrend wirken, sondern dem Publikum Räume zur eigenen Interpretation und Antwortfindung eröffnen. Unser Theater ist also ein Ruf in die lokalen Ausläufer einer Wohlstandsgesellschaft, die sich durch ihr Handeln selbst infrage stellt.